Mit BEMU-Technik in die Zukunft: auch auf der Tecklenburger Nordbahn

Innovativ, klimafreundlich, zukunftsweisend: Auf den Strecken Harsewinkel — Gütersloh — Verl und Münster — Sendenhorst sowie auf der Tecklenburger Nordbahn wird der NWL neue Maßstäbe setzen — und schon in wenigen Jahren Züge aufs Gleis bringen, die mit modernster Antriebstechnologie gängige Standards weit hinter sich lassen. Teil 2

Rückblick: Von den ersten Schritten zum Status Quo

Der vorangegangene Bericht beleuchtete die lange Historie und Entwicklungsgeschichte batterieelektrischer Triebwagen und stellte die wesentlichen drei auf den Schienen in Deutschland eingesetzten Fahrzeugtypen dar. Als echte Dauerläufer taten diese jeweils bis zu fünf Jahrzehnte ihren Dienst auf der Schiene — und das recht zuverlässig. Die Vorgänger moderner Fahrzeuge hatten aber einen Nachteil: Ihr Einsatzgebiet war festgelegt, begründet durch die erforderliche Ladeinfrastruktur, geeignete Werkstätten und entsprechend ausgebildete Werkstattpersonale. An diesem Punkt setzen die Neuentwicklungen an — und machen Quantensprünge in Sachen Technik und Alltagstauglichkeit.

Neuanfang: Ausgeklügelte Technik für höchste Ansprüche

Bundesweit sind fast 40 Prozent des Streckennetzes aller Schienenstrecken nicht elektrifiziert. Im Personenverkehr werden auf den nicht oder nur teilweise elektrifizierten Strecken deshalb Dieseltriebwagen eingesetzt. Hier gilt es praktikable Lösungen zu finden, den CO2-Austausch dennoch zu reduzieren. Nicht auf jeder Eisenbahnstrecke lohnt sich der kosten- und wartungsintensive Aufbau von Fahrleitungsanlagen zur Versorgung von elektrischen Lokomotiven und Triebwagen. Dennoch entstand im Rahmen der Entwicklung von emissionsarmen Fahrzeugen der Wille, auch abseits von elektrifizierten Strecken einen vor Ort emissionsfreien Betrieb zu ermöglichen. Diese Entwicklungen — die weltweit in verschiedenen Märkten erfolgten — führten zu ausgeklügelten technischen Konzepten: unter anderem der Nutzung von Wasserstoff und Brennstoffzellen, aber auch der Verwendung von Akkus, die ortsfest oder/und während einer Fahrt unter Oberleitungen aufgeladen werden. Und das immer basierend auf der Nutzung von elektrischen Fahrmotoren, da diese nicht nur robust sind, sondern auch leise und vor Ort emissionsfrei für Schub sorgen.

Wie bei den Straßenfahrzeugen gibt es auch bei der Eisenbahn verschiedene Möglichkeiten für den Antrieb: den Dieselmotor, den Elektromotor und die Hybridtechnik, also das Nutzen beider Motorentypen in einem Fahrzeug. Aber dieses technische Prinzip erfordert zwei Systeme in einem Fahrzeug, die Platz benötigen und zu höheren Investitions- und Instandhaltungskosten führen. Daher dürfte die Hybridtechnik nur eine technologisch Brückenlösung darstellen, das Ziel besteht grundsätzlich in der Nutzung nur einer Antriebsart in einem Fahrzeug.

Neben dem Antrieb spielt der Energiespeicher eine große Rolle: Bei Dieselfahrzeugen ist dies der Kraftstofftank, bei batterieelektrischen Zügen sind es Batterien, bei Hybridfahrzeugen müssen sowohl Kraftstofftanks als auch Batterien mitgeführt werden. Gibt es für batterieelektrischen Züge keine Möglichkeit zum kurzfristigen Aufladen während des Einsatzes, kommt für einen emissionsfreien Einsatz auch die Verwendung von Wasserstoff in Verbindung mit einer Brennstoffzelle und einem Elektromotor in Frage. Jedoch ist damit wieder der Aufbau einer ortsfesten Infrastruktur verbunden, Voraussetzung für den Betrieb ist der regelmäßige Boxenstopp an der Wasserstoff-Tankstelle.

Fahrzeugmarkt: BEMU-Technik macht deutschlandweit Schule

Durch die gestiegenen Ansprüche an klimaschonende, umweltfreundliche und lärmreduzierte Fahrzeuge haben alle großen Fahrzeughersteller in den vergangenen Jahren begonnen, batterie- und teilweise auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge zu entwickeln. Aktuell haben die für den Schienenpersonennahverkehr Verantwortlichen in verschiedenen Bundesländern rund 220 BEMU-Triebwagen zur Auslieferung bis Ende 2025 bestellt. Die Akkus werden unter vorhandener Oberleitung auf der Strecke während der Fahrt oder im Bahnhof während der Wendezeit so weit aufgeladen, dass sie die vor ihnen liegende Strecke emissionsfrei problemlos befahren können. Damit entfällt der Bedarf für zusätzliche ortsfeste Infrastrukturen, wie z. B. Ladeeinrichtungen.

Vorgesehener Einsatz

Auch der NWL plant auf einer größeren Anzahl an Linien den Umstieg von Diesel- auf BEMU-Triebwagen — zunächst im Raum Ostwestfalen und im Münsterland als ›Netz Nördliches Westfalen‹. Hierzu hat der NWL bereits eine Ausschreibung zur Beschaffung der Fahrzeuge gestartet. Als perspektivisches Ziel strebt der NWL eine vollständige Abkehr vom Dieselantrieb an. Bei Linien mit besonders langen oberleitungsfreien Streckenabschnitten untersucht der NWL hierbei nicht nur den Einsatz von Akkutriebwagen, sondern auch den Einsatz von Triebwagen, die sowohl mit Akkus als auch mit einem Brennstoffzellensystem ausgestattet sind und mit Wasserstoff betrieben werden können.